Wildpflanzen in Gefahr
In Deutschland sind rund vier Prozent der heimischen Farn- und Blütenpflanzen vom Aussterben bedroht. Knapp 30 Prozent sind als gefährdet eingestuft. Die Ursachen sind vielfältig, die Wirkung ist fatal. Denn Wildpflanzen sind ein wichtiger Bestandteil des Ökosystems und für unsere Insekten eine wichtige Nahrungsquelle. Gehen die Wildpflanzen, gehen auch die Tiere. Vor allem der schwindende Lebensraum verursacht immense Verluste. Die Populationen können sich nicht mehr austauschen. Dies geschieht durch die Aufgabe oder extensiver Nutzungsformen und die Zerschneidung der Landschaft, beispielsweise durch die intensive Landwirtschaft. Auch der Bau von Siedlungen oder Infrastrukturprojekte wie Straßen führen zum Lebensraumverlust. Andere Gefährdungsursachen sind die Eindeichung und Begradigung von Flussufern. Aber auch klimatische Veränderungen, Herbizideinsatz und ein zu viel an Nährstoffen bedrohen die Vielfalt der wildwachsenden Flora.
Wilde Vorfahren
Was sind Wildpflanzen und warum sind sie wichtig?
Wild und ursprünglich: In die Entwicklung unserer Wildpflanzen hat kein Mensch eingegriffen. Die wilden Ahnen der Kulturpflanzen spielen im Ökosystem eine wichtige Rolle. Sie sind Nahrungsquelle und Lebensraum für unzählige Tiere - und den Kulturpflanzen in vielem überlegen.
Die meisten Pflanzen, die wir heute im Garten haben, ob zur Zierde oder für die Zubereitung unseres Essens, sind Kulturpflanzen. Das heißt, der Mensch hat in der einen oder anderen Form in die Entwicklung der Pflanze eingegriffen und somit neue Sorten entstehen lassen. Alle unsere wohlbekannten, schön blühenden und gut schmeckenden Pflanzen haben natürlich wilde Vorfahren. Viele stammen aus fernen Ländern, eine ganze Reihe aber sind mitteleuopäische Ureinwohner. Sie sind in der Regel nicht so prächtig wie ihre Nachfahren, kommen aber oft besser mit dem hiesigen Klima zurecht und sind beständiger gegen Schädlinge und Krankheiten.
Die heimische Walderdbeere (Fragaria vesca) zum Beispiel war über lange Zeit die einzige Erdbeere hierzulande. Jahrtausende lang wurde sie gesammelt und schließlich kultivierte man aus ihr die länger fruchttragende Monatsbeere. Bekannte großfruchtige Verwandte sind zwar nicht heimisch, dafür sehr schmackhaft. Ein weiteres Beispiel für fast vergessene Wildpflanzen sind die wunderschönen Rosen (Gattung Rosa). Sie haben einen unwiderstehlichen Duft, den sie üppig verströmen. Kultivierte Rosen, die man meist in Gärten und Parks sieht, enttäuschen olfaktorisch – hier ist der betörende Duft leider oft dem Aussehen zum Opfer gefallen.
Vorfahr unzähliger Gemüsepflanzen ist der unscheinbare Wildkohl (Brassica oleracea). Er wächst an den Atlantikküsten und bei uns vor allem auf Helgoland. Diese Urform ist Vater vieler Kohlsorten, die des Blumenkohls, des Brokkoli, des Wirsings und Weißkohls. Je nach Bedarf wurden unterschiedliche Teile des Wildkohls gezüchtet. Entweder die Wurzel, die Sprossachse oder die Blätter. Bei Blumenkohl und Co. lag das Augenmerk auf der Blüte, die beim Wildkohl gelb und feingliedrig ist.
Die Welt der heute bekannten und oft verwendeten Kulturpflanzen ist also nicht so groß, wie man es vielleicht vermuten könnte. All unsere Sorten wurden einst aus Wildarten bestimmter Pflanzen gezüchtet.
Quelle: NABU